«Was ich noch sagen wollte ...»

Die monatlich erscheinende Kolumne von Arbeitgeberdirektorin Saskia Schenker zu diversen aktuellen Themen, die die Arbeitswelt beschäftigen

Kantonaler Mindestlohn schwächt Berufsbildung

Bund, Kantone und die Branchen der Berufsbildung verfolgen gemeinsam das Ziel, dass 95 Prozent aller Jugendlichen einen Berufsabschluss, den sogenannten SEK II-Abschluss schaffen. Die Kantone Basel-Stadt und Genf liegen mit einer SEK II-Abschlussquote von 85.4 respektive 84.0 Prozent deutlich darunter. Baselland liegt mit 90.3 Prozent knapp über dem Schweizer Schnitt, aber auch deutlich unter dem Zielwert. Derzeit liegt der Durchschnitt über alle Kantone bei 90.1 Prozent.

Das heisst ganz konkret, dass wir heute in der Schweiz 10 Prozent der Jugendlichen nicht zu einem Berufsabschluss bringen und diese später zu Hilfsarbeitskräften ohne Ausbildung oder von der Sozialhilfe abhängig werden. Bekannt ist auch, dass die Schweiz im internationalen Vergleich dank des dualen Berufsbildungssystems über eine tiefe Jugendarbeitslosigkeit verfügt. Umso wichtiger sind all die Engagements seitens der Wirtschaft, Kantone und des Bundes zur Förderung der Berufsbildung.

Die Einführung von kantonalen Mindestlöhnen torpedieren diese Zielsetzungen und Engagements. Die Mehrzahl der empirischen Studien, die in den letzten Jahrzehnten zur Thematik von Mindestlöhnen publiziert worden sind, kommen zum Ergebnis, dass von Mindestlöhnen messbare negative Beschäftigungseffekte ausgehen. Die Evidenz negativer Beschäftigungseffekte bestätigt ebenfalls eine jüngst veröffentlichte Meta-Analyse zu insgesamt 69 Studien1: Steigen die Lohnkosten aufgrund des Mindestlohns um 10 Prozent, sinkt die Beschäftigung um 1,5 Prozent. Dabei fallen die negativen Beschäftigungseffekte für jüngere Erwerbstätige sowie Niedrigqualifizierte grösser aus: Bei einer Erhöhung der Lohnkosten um 10 Prozent sinkt die Beschäftigung der Jugendlichen um 1,7 Prozent und jene der jungen Erwachsenen um 1,9 Prozent. Mit einem Minus von 2,4 Prozent fallen die Beschäftigungseffekte bei den Niedrigqualifizierten am stärksten aus.

Auch eine Studie zum kantonalen Mindestlohn in Genf2 zeigt, dass die Arbeitslosenquote der Jugendlichen im Alter bis 25 Jahre seit Einführung des Mindestlohns um 0,6 Prozentpunkte höher ist, als sie ohne Mindestlohn zu erwarten gewesen wäre. «Die Studie bestätigt in diesem Punkt die wissenschaftliche Literatur und Empirie, wonach die Einführung eines Mindestlohns für junge Menschen den Eintritt und den Verbleib im Arbeitsmarkt erschweren kann», schreibt der Regierungsrat in seinem Bericht zur Mindestlohn-Initiative im Kanton Baselland.

Es ist entscheidend, dass Jugendliche und junge Erwachsene ihren Weg in die Berufsbildung oder weiterführende Schule finden und nicht zu lange Zeit damit verbringen, in Hilfsarbeiterjobs Geld zu verdienen. Zu Beginn ist das vielleicht attraktiv, weil junge Personen oft noch tiefe Lebenskosten haben. Später fehlt dann die Ausbildung, um sich auch in Sachen Lohn weiterentwickeln zu können.

Ein kantonaler Mindestlohn hat einen doppelten negativen Effekt: Er trifft einerseits jene mit wenig Erfahrung und jene ohne Ausbildung am stärksten. Sie verlieren ihre Jobs, weil Hilfsarbeiterjobs und Jobs für Niedrigqualifizierte weniger angeboten werden können. Sie sind schlicht zu teuer im Verhältnis zur Wertschöpfung, die diese Jobs generieren.
Gleichzeitig schwächt ein kantonaler Mindestlohn die Berufsbildung. Denn für diejenigen Jugendlichen, die solche Jobs für Niedrigqualifizierte «ergattern» können, werden die finanziellen Hürden höher, weiter in die Schule oder in die Berufsbildung zu gehen. Wenn man ohne Berufslehre 22 Franken pro Stunde und mehr verdienen kann, schwindet der Anreiz, eine Berufslehre zu absolvieren.

Kurz: Ein gesetzlicher kantonaler Mindestlohn bedroht das Erfolgsmodell der Berufsbildung in der Schweiz. Die Kantone Basel-Stadt und Genf haben sich zusätzlich zu ihrer zu tiefen SEK II-Abschlussquote junger Menschen mit ihren kantonalen Mindestlöhnen weitere Hürden auferlegt, um die jungen Erwachsenen in ein erfolgreiches Berufsleben zu begleiten. Seitens Arbeitgeberverband Region Basel hoffen wir sehr, dass die Baselbieter Bevölkerung diese negativen Auswirkungen von kantonalen Mindestlöhnen erkennt und am 9. Februar 2025 klar NEIN sagt zur Mindestlohn-Initiative.

Saskia Schenker, Direktorin Arbeitgeberverband Region Basel

 

¹ Neumark David und Peter Shirley (2022): Myth or Measurement: What Does the New Minimum Wage Research Say about Minimum Wages and Job Loss in the United States. NBR Working Paper 28388 Myth or Measurement: What Does the New Minimum Wage Research Say about Minimum Wages and Job Loss in the United States? | NBER
² Luzzi Giovanni Ferro, José und Weber Sylvain: Mandat « Impact du salaire minimum». 14. November 2023 www.ge.ch/document/34108/telecharger

Monatskolumnen
Arbeitgeberverband Region Basel

Kolumne Dezember 2024 zum Thema «Kantonaler Mindestlohn schwächt Berufsbildung»

 

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Kolumne November 2024 zum Thema «Schulkarriere hängt vom Elternhaus ab»

 

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Kolumne Oktober 2024 zum Thema «Zuwanderung – das Problem liegt beim Staatswachstum»

 

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