Die monatlich erscheinende Kolumne von Arbeitgeberdirektorin Saskia Schenker zu diversen aktuellen Themen, die die Arbeitswelt beschäftigen
In der kommenden Mai-Sitzung des Grossen Rats kommt die Motion «Reduktion der Arbeitszeit auf eine 38-Stunden-Woche für die Angestellten des Kantons Basel-Stadt» zur Abstimmung. Der Regierungsrat lehnt den Vorstoss klar ab. Der Arbeitgeberverband Region Basel hat gemeinsam mit dem Gewerbeverband Basel-Stadt und der Handelskammer beider Basel eine Empfehlung zur Ablehnung dieser schädlichen Motion an die Grossrätinnen und Grossräte versendet. Anbei ein paar (weitere) Gedanken gegen die Reduktion der Arbeitszeit:
Die kantonale Verwaltung beschäftigt heute bereits ca. 11'900 Angestellte bei starkem Stellenwachstum. So wächst die Verwaltung gemäss Budget 2023 um weitere 386 Vollzeitstellen. Eine Arbeitszeitreduktion um vier Stunden bei gleichbleibendem Lohn entspricht einer faktischen Lohnerhöhung von 9.5%. Der Regierungsrat schätzt die zusätzlichen Kosten aufgrund einer Arbeitszeitreduktion für den Kanton (ohne staatsnahe Betriebe) denn auch auf ca. 144 Millionen Franken pro Jahr. Das ist enorm. Argumente der Produktivitätssteigerung zur Reduktion der anfallenden Mehrkosten und des Stellenwachstums können nur bedingt berücksichtigt werden, da in vielen Bereichen der Staatsaufgaben eine Produktivitätssteigerung in der Praxis kaum je realistisch umzusetzen ist.
Die linken Parteien bringen auf allen Staatsebenen immer wieder Vorstösse zur Reduktion der Arbeitszeit. Nationalrätin Tamara Funiciello verlangte auf Bundesebene schon mehrmals eine Senkung der Arbeitszeit auf eine 35-Stunden-Woche bei gleichbleibendem Lohn für alle. Um dies überhaupt finanzieren zu können und keinen negativen Wachstumseffekt zu haben, müsste die Produktivität pro Arbeitsstunde um gute 15 Prozent erhöht werden. Das ist schlichtweg unrealistisch – gerade in einem Land wie die Schweiz, in dem die Produktivität im internationalen Vergleich schon sehr hoch ist. Siehe meine Ausführungen dazu hier. Monatskolumne_06_0122_Arbeitszeit und Produktivität.docx (arbeitgeberbasel.ch)
Unser Dachverband, der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV), hat kürzlich einen 8-Punkte-Plan gegen den Arbeitskräftemangel veröffentlicht. In diesem weist er darauf hin, dass die erwerbstätige Bevölkerung heute nahezu 14 Tage pro Jahr weniger arbeitet als noch vor zehn Jahren: «Internationale Vergleiche zeigen: Je wohlhabender ein Land ist, desto weniger wird gearbeitet. Zahlreiche Faktoren beeinflussten den Rückgang der geleisteten Arbeitszeit in der Schweiz zwischen 2010 und 2019: die Zunahme der Teilzeit und der Anzahl Ferientage, der Anstieg von Abwesenheiten sowie die Abnahme der Überstunden.» Das verschärft natürlich den aktuellen Fachkräftemangel, der sich «zum grössten Bremsklotz für die Schweizer Wirtschaft entwickelt hat.» Konkret schreibt der SAV: «Immer mehr Unternehmen können ihre Stellen nicht besetzen. Schon jetzt bleiben rund 120‘000 Stellen unbesetzt. Diese Entwicklung wird sich noch deutlich verschärfen: Eine Million Babyboomer gehen in Pension. Weil geburtenschwache Jahrgänge nachrücken, fehlen in der Schweiz bis 2030 eine halbe Million Arbeitskräfte und bis 2050 sogar rund 1,3 Millionen Erwerbstätige.»
Wir stehen vor einem echten Problem, und sowohl die Privatwirtschaft als auch Verwaltungen spüren den Arbeitskräftemangel heute schon stark. Deshalb ist für uns Arbeitgeberverbände klar: Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, müssen wir das geleistete Arbeitsvolumen erhöhen, statt über eine weitere Senkung nachzudenken. Dafür gibt es diverse Möglichkeiten (siehe Verlinkungen unten).
Wie in dieser Situation linke politische Kreise auf den Gedanken kommen, die Arbeitsstunden in der Verwaltung zu senken und mit dem zusätzlich benötigten Personal den Arbeitskräftemangel für die Privatwirtschaft und die anderen Verwaltungen weiter anzuheizen, ist nicht nachvollziehbar und schlichtweg verantwortungslos.
Saskia Schenker, Direktorin Arbeitgeberverband Region Basel
Siehe hier das 8-Punkte-Programm des SAV: 8-Punkte-Plan-gegen-Fachkraeftemangel_d.pdf (arbeitgeber.ch)
Zur Frage der Teilzeitarbeit empfehlen wir diesen Artikel: Teilzeitarbeit: Fluch oder Segen? (arbeitgeber.ch)
Siehe hier die Massnahmen des Arbeitgeberverbands Region Basel: Arbeitgeberverband Region Basel: Arbeitskräftemangel (arbeitgeberbasel.ch)
Monatskolumnen
Arbeitgeberverband Region Basel
Kolumne Mai 2023 zum Thema «38-Stunden-Woche: Wir sollten eher mehr denn weniger arbeiten»»
Kolumne Februar 2023 «Und täglich grüsst das Murmeltier» zum Thema Mindestlohn-Initiative BL