Die monatlich erscheinende Kolumne von Arbeitgeberdirektorin Saskia Schenker zu diversen aktuellen Themen, die die Arbeitswelt beschäftigen
Vor drei Monaten habe ich an dieser Stelle die Verschärfung der Lohngleichheitskontrollen im Beschaffungswesen des Kantons Basel-Stadt kritisiert. Künftig müssen alle Unternehmen, die an einer öffentlichen Ausschreibung im Kanton teilnehmen, zwingend eine Lohngleichheitsanalyse mit dem Logib-Tool durchführen. Nicht nur die zwingende Analyse statt der nach Bundesgesetz eigentlich ausreichenden Selbstdeklaration mit Unterschrift, sondern auch der Fokus auf ein einziges Tool, eben das Logib-Tool des Bundes, kritisieren wir seitens Arbeitgeberverband Region Basel scharf.
Letzte Woche hat nun der basel-städtische Regierungsrat die Vorlage für eine Einführung von Lohngleichheitsanalysen für alle Unternehmen mit Sitz im Kanton Basel-Stadt mit mehr als 50 Angestellten veröffentlicht. Ohne genaue Fazits aus bisherigen Erfahrungen mit Lohngleichheitsanalysen zu ziehen, wird Analysepflicht um Analysepflicht eingeführt. Dabei wird ständig das Mantra hochgehalten, dass «Frauen gemäss der Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik in der Gesamtwirtschaft der Schweiz durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienen als Männer». Ja, dem ist so, unter anderem, weil in der Lohnstrukturerhebung Berufe in unterschiedlichen Branchen miteinander verglichen werden und Frauen und Männer nicht gleich auf unterschiedliche Branchen verteilt sind.
Aus Strukturanalysen kann und soll nicht auf einzelne Unternehmen geschlossen werden. Bei den Unternehmensanalysen zeigt sich nämlich ein anderes Bild: Eine Auswertung der Universität St. Gallen der von den Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten veröffentlichten Daten zeigt, dass die durchschnittliche nicht erklärbare Lohndifferenz bei 3.3 Prozent liegt und damit unter der vom Bund definierten Toleranzschwelle von 5 Prozent. Die Toleranzschwelle sagt aus, ab wann ein Wert als statistisch signifikant betrachtet werden kann. Somit zeigen die Daten, dass kein weiterer Handlungsbedarf besteht.
Aber auch das darf anscheinend nicht sein – es muss ein Problem bei der Lohngleichheit geben, deshalb arbeitet das Eidgenössische Büro für Gleichstellung (EGB) gemeinsam mit seinen Alliierten aus Linken Kreisen daran, den Zielwert für die Lohngleichheitsanalyse per 1.1.2024 von 5 auf 2,5 Prozent senken. Es ist absehbar, dass auch der verbindliche Grenzwert für die Toleranzschwelle bald folgen soll. Zusätzlich will das EGB den Signifikanztest abschaffen, was eine massive Verschärfung der Lohngleichheitsanalyse bedeutet. Mit dem Signifikanztest wurde bis anhin die Wahrscheinlichkeit gemessen, ob der beobachtete Unterschied nicht zufällig entstanden ist. Der Signifikanztest wirkte also als Korrektiv, um Unternehmen nicht fälschlicherweise zu beschuldigen.
Kritik an der statistischen Methode an sich, wie sie zum Beispiel die Basler Arbeitsmarktökonomin Prof. Conny Wunsch mehrfach geäussert hat, wird nicht mitberücksichtigt. Bis anhin wurden die Schwächen der statistischen Methode mit der Toleranzschwelle von 5 Prozent etwas «korrigiert». Das EGB nimmt jedoch die statistische Methode als korrekt an und will vor diesem Hintergrund die Vorgaben verschärfen. Damit nimmt es in Kauf, künftig mehr korrekt handelnde Unternehmen ungerechtfertigt der Lohndiskriminierung zu beschuldigen.
Das Ganze soll mit einem reinen Verwaltungsakt beschlossen werden unter Ausschluss des Parlaments. Nationalrat Marcel Dobler hat sich gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen der Thematik angenommen und stellt dem Bundesrat unter anderem die Frage, weshalb das Büro für Gleichstellung fundamentale wissenschaftliche Standards wie eine angemessene Toleranzschwelle und den notwendigen Signifikanztest missachtet. Zudem fragt er, auf welche gesetzliche Grundlage sich das Eidgenössische Departement des Inneren für die Senkung des Zielwerts und die Abschaffung des Signifikanztests stützt und wie der Bundesrat es rechtfertigt, dass die Vorgaben zur Lohngleichheitsanalyse mitten in der laufenden Gesetzesanwendung willkürlich weiter verschärft werden. Denn das Bundesgesetz für Gleichstellung, das Lohngleichheitsanalysen für Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten verlangt, befindet sich mitten in der Umsetzung. Im Juni 2023 musste ja erstmals alle Unternehmen schweizweit mit mehr als 100 Angestellten die Lohngleichheitsanalyse umgesetzt haben. In vier Jahren muss eine Wiederholung stattfinden für diejenigen Unternehmen, die die Toleranzschwelle von 5 Prozent nicht einhalten konnten. Wie stellen sich all die Lohngleichheits-Analysen-Vertreter/-innen das vor, wenn sie die Spielregeln mitten im Spiel ändern und gewisse Unternehmen künftig viel schärfere Ergebnisse einhalten müssen – im Wissen, dass die statistische Methode dahinter grobe Mängel aufweist? Und wie gehen Kantone wie Basel-Stadt damit um, dass in ihrem Beschaffungswesen das Logib-Tool angewendet werden muss, das nun – entgegen der Kritik an der statistischen Methode – verschärft werden soll? Mich dünkt, wir sind bei der Thematik der «Lohngleichheitsanalyse-Pflichten» bei reiner Schikane angelangt. Das hat nichts mehr mit dem eigentlichen, von Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam getragenen Ziel der Vermeidung von eigentlicher Lohndiskriminierung zwischen den Geschlechtern zu tun…
Saskia Schenker, Direktorin Arbeitgeberverband Region Basel
Monatskolumnen
Arbeitgeberverband Region Basel
Kolumne November 2023 zum Thema «Lohngleichheitsanalysen: Spielregeln nicht mitten im Spiel ändern!»
Kolumne September 2023 zum Thema «Ein voller Lastenausgleich bei den Familienausgleichskassen schadet der Verbandslandschaft»